OFF ROAD Nr.: 4. 1997 „Testbericht über den LuAZ 1302 Diesel“
Teil 3
Andere Verkehrsteilnehmer im Stadtverkehr pflegen das vermeintlich müde, unbekannte Fahr-Objekt LuAZ angenehmerweise nicht zu bedrängen. Sie wundern sich etwa über seine Antriebswellen: Die drehen sich offensichtlich falsch herum. Das sieht man dank erstaunlich großem Böschungswinkel hinten im Scheinwerferlicht an der Ampel. Tatsache, sie drehen sich rückwärts, wen er vorwärts fährt. Der LuAZ gehört zur selben seltenen Sorte Fahrzeug wie der Unimog, bei dem die Antriebwellen nicht zentral auf die Radnaben arbeiten, sondern oberhalb in Vorgelege-Getrieben verschwinden. Da ist noch etwas seltsam unbekannt: Beim Anfahren stupst der LuAZ mit der großen Nase kurz ein Bisschen nach unten anstatt, dass er hinten in die Knie ginge, wie es alle anderen Pkw, Front- oder Hecktriebler, tun. Wer in der Schule n Physik aufgepasst hat, kann sich mit den Vorgelge-Getreieben, in denen das Antriebsdrehmoment umgedreht wird, eine Erklärung konstruieren.
Wer die Schaltung im Griff hat, müsste in der Zwischenzeit das LuAZ-Lenken gelernt haben. Es gibt hier zum Glück kein Vorgelege, bei dem man falsch herum lenken müsste, doch muss man sich auf das schwammige Fahrverhalten erst einstellen. Auch hier scheinen gewisse Gesetze außer Kraft gesetzt. Bei der Fahrt mit Stadtgeschwindigkeit ist es schwierig, den Wagen sauber in der Spur zu halten. Sobald man ihn in die Pampa entlässt, wo er mit 70 bis 100 Sachen marschieren darf, stabilisiert sich das Gefährt, will an der Lenkung nicht mehr dauernd korrigiert werden, sondern scheint den Weg selbst zu finden. Den Kurs vorgeben, dann hält er sich gerade, während man Kurven anfangs mit unnötig großem Respekt begegnet.
Bei langsamer Fahrt hat das spindeldürre, harte und rutschige Lenkrad sich schließlich von seiner schlechten Seite gezeigt. Schwer nur und behäbig lässt es sich an der Kreuzung für die Querabbiegung auf Kurs zerren, stellt sich hinter der Kurve auch nicht von selbst gerade, sondern will zurückgezerrt werden. Da sollte man besser zupacken können. Einfache, billige Sofortmaßnahme: Das Lenkrad austauschen gegen ein griffiges. Importeur Walter Eckardt weiß Abhilfe. Der Opel Kadett D etwa hätte ein passendes mit der richtigen Nabe, und damit sollten die Autoverwerter eigentlich recht gut bestückt sein.
Mit Vorsicht zu genießen war im getesteten Prototypen die Bremsanlage. Wer den Wagen kennt, fährt ihn lieber ohne. Dieselkompression und kurze Übersetzung machen`s möglich: Fuß weg vom Gas, und er verzögert. Die kleinen 13-Zoll-Räder, bestückt mit tschechischen M+S-Reifen der Marke Stomil, drohen bei starkem Bremsen leicht zu blockieren. Die vier Trommelbremsen, am Prototypen wegen Ersatzteilproblemen mit teils von Hand angepassten Belägen, zogen schief, so dass sich der LuAZ bei versuchter Vollbremsung querstellen wollte. Auch die Dosierung war gewöhnungsbedürftig. Bei weinig Pedaldruck war die Verzögerung etwas heftig, normalisierte sich im mittleren Bereich. Das stark ungleich auf die Achsen verteilte Leergewicht (Achslast vorne 680 kg, hinten 360 kg) verschiebt sich beim Bremsen noch mehr nach vorne und überfordert vermutlich den lastabhängigen Bremskraftregler an der Hinterachse. Der Bremskraftverstärker arbeitet schlauerweise ohnehin nur auf die Vorderradbremsen, die Importeur Eckardt künftig gegen Scheibebremsen austauschen will. Wer bremst, kriegt beim Tritt aufs Bremspedal eine fette, rote Kontrolllampe neben dem Tacho zu sehen; tritt man stärker drauf, erlischt sie wieder, wenn beide Bremskreise korrekt arbeiten.
Bei der Fahrt im Gelände tauchen die Probleme mit den Bremsen kaum auf. Trotz der bescheiden kleinen Räder kommt hier die 25 cm Bodenfreiheit über fast die gesamte Breite zwischen den Rädern zur Geltung. Auf modrigem Waldweg mit tiefen Spurrinnen und viel Kleinholz kamen nur selten Schläge von unten gegen den Boden.