Etwa Mitte der Fünfziger wurde im Verteidigungsministerium der UdSSR der Beschluss gefasst über die Notwendigkeit eines völlig neuen Fahrzeug Typen – Transporter der vorderen Linie. Es musste ein kompakter Geländewagen sein, der unbemerkt vom Feind direkt hinter der Kampflinie arbeiten konnte, um z. B. Munition herantransportieren und verwundete Soldaten bergen.

 

NIKOLAI MARKOV

 

(Kursiv meine Bemerkungen. Paul R.)

 

DER KLEINSTE SOWJETARMIST

 

Da die Ingeniere der sowjetischen Automobilwerke zu diesem Zeitpunk noch keine Erfahrungen mit der Entwicklung von Kleinstfahrzeugen hatten, hatte man letztendlich das Motorradwerk in Irbit mit dem Thema Transporter der vorderen Linie beauftragt. An das Projekt hatte man noch eine Gruppe von Konstrukteuren aus dem NAMI (Zentrales Entwicklungsinstitut der sowjetischen Autoindustrie) unter der Leitung von B. M: Fitterman angeschlossen. Im Rahmen der Arbeiten am Projekt, das jetzt die Bezeichnung NAMI-032 trug, gab es gleichzeitig mehrere Varianten des kleinen Geländefahrzeugs, die sich durch Aufbauarten, Platzierungen der Aggregaten und sogar Karosseriematerial unterscheidet haben. Aber ein konstruktives Merkmahl hatten alle diese Varianten gemeinsam, den Motor, der vom damals in Irbit aktuellen Motorrad M-72 stammte. Allerdings gab es dazu auch keine Alternative, in der UdSSR gab es zu diesem Zeitpunkt auch keinen anderen leichten und kompakten Fahrzeugmotor.

1958 hatten die Entwickler sich endgültig für ein Konzept und die technischen Einzelheiten des künftigen Fahrzeuges entschieden und begannen mit dem Bau eines Prototypen, de dem Auftraggeber übergeben werden sollte. Nach dem Einfahren auf einer Strecke von 2000 km, und Beseitigung der „Kinderkrankheiten“ die während der Probefahrt aufgetreten sind, wurde das Fahrzeug auf das Testgelände in Bronnizy gebracht, wo er entsprechend dem Befehl Nr.: 46 der Fahrzeugabteilung des Verteidigungsministeriums, vom 10. Oktober 1958, eine gemeinsame Testreihe mit dem Geländewagen „Moskwitsh 4x4“ des MZMA Werkes durchlaufen sollte. Als „Ausgangspunkt“ zum Vergleich, nahmen an den Testläufen auch serienmäßige Geländewagen GAZ-69 und Wllys-MB teil. Die Aufgaben des Tests waren: Ermittlung der Tauglichkeit des neuen Fahrzeuges für militärische Zwecke; Beurteilung seiner Fahreigenschaften und der Grenzen seiner Geländegängigkeit.

 


 

 

Transporter der vorderen Linie.

 

Im Voraus muss ich bemerken, dass das erste Testprogramm, wegen der Ausfälle (oft sehr ernsthaften!), die den Prototypen aus Irbit die ganze Zeit verfolgt haben, nicht absolviert werden konnte. Wegen der langen Reparaturstandzeiten des Transporters konnten bis um Wintereintritt die Testfahrten auf Ackergelände, sandigem Untergrund und unbefestigten ausgewaschenen Landstraßen einfach nicht durchgeführt werden. Deshalb musste der Prototyp statt der vorgesehenen „Moorwannen“ seine nötige 2000 km unter anderem durch eine doppelte Strecke im Schnee draufspulen.

Im Grunde genommen war der Transporter gar kein Auto, eher eine motorisierte Karre. Daher hatte er auch so eine spezifische Zusammenstellung: eine Karosserie mit sehr niedrigen Oberkanten, ohne Fenstern, sehr spartanischen Ausstattung u. s. w. Sehr untypisch war die Anordnung der Fahrzeugsteuerung in der Mitte. Durch diese Anordnung konnte man mit einer Klappe gleich zwei Fliegen schlagen: sie ermöglichte den Transport von gleich zwei Tragen mit Verwundeten (Nur so kommt die Steuerung und die Tragen in der kompakten Karosserie einander nicht in die Quere) und gab dem Fahrer die Möglichkeit, durch Umklappen der Sitzlehne und der Lenksäule, das Fahrzeug im liegen zu Steuern, was während eines Gefechts nicht unwichtig sein kann. Es waren auch andere Steuerungsmöglichkeiten vorgesehen, z. B konnte der Fahrer das Fahrzeug auch von außen, wenn er zu Fuß neben, oder vor her ging lenken und beim eingelegten Rückwärtsgang sogar von hinten. Die nächste Besonderheit des „Nullzweiunddreisigers“ aus der Sicht der sowjetischen Autoindustrie war die Einzelradaufhängung an Federdrehstäben, eine Zahnstangenlenkung, schlauchlose Reifen und, dass die Hinterachse, und nicht die Vorderachse abschaltbar war. Auf ein Verteilergetriebe hatte man bei dieser Konstruktion ganz verzichtet: Der Drehmoment für den Antrieb der Hinterräder wurde direkt von der Hauptwelle des speziell entwickelten Zweiwellen-Schaltgetriebes abgenommen, die Schaltmuffe für den Allradantrieb war direkt in das Hinterachsgetriebe integriert, und das Schaltgetriebe besaß einen speziellen zusätzlichen Gang, einen Kriechgang. Wegen dem schwachbrüstigen Motor und den kleinen Abmessungen des Fahrzeuges wurden 13 Zoll Räder verwendet. Um mit diesen Rädern die nötige für ein Geländefahrzeug Bodenfreiheit und Böschungswinkel im akzeptablen Rahmen halten zu können, mussten an den Rädern Portalgetriebe verwendet werden. Durch die Portalgetriebe konnte die Bodenfreiheit auf 262 mm gebracht werden das mehr, als beim Willys und GAZ-69 war. Aber bei der Nutzlast hinkte der Prototyp den Vergleichsfahrzeugen weit hinterher, in ihn passten außer der Besatzung nur 275 kg Gepäck. Dazu war das tatsächliche Leergewicht um 1,5 Mal höher, als die 500 – 550 kg in den Berechnungen. Deshalb konnte der Prototyp mit seinen Fahrleistungen auch keine Konkurrenz für die Vergleichsfahrzeuge darstellen.

Der Transporter Rangiert ohne Probleme im 45 cm tiefen Sumpf um die festgefahrene Moskwitsch 4x4, GAZ-69A und Moskwitsch-410.

 

Der Transporter bewegt sich mit durchdrehenden Rädern durch einen 60 cm tiefen Sumpf.

 

Der Transporter durchquert einen 80 cm tiefen Sumpfabschnitt mit Hilfe seiner Besatzung.

 

Die Geländegängigkeitstests begannen auf einem mit dünner Eis- und Schneeschicht bedecktem Waldmoor, das kein nennenswertes Hindernis (Im Gegensatz zum Eis) für den Transporter darstellte. Trotz der kleinen Rädern und des schwachen Motors, manövrierte der Prototyp sicher in allen Richtungen in dem Sumpf, deren Tiefe stellenweise einem halben Meter betrug, was den anderen Teilnehmern des Tests nicht gelang. Auf Tiefen von 50 – 60 cm setzte das Fahrzeug ab und zu auf und blieb stecken, aber mit Hilfe der Besatzung konnte das Fahrzeug schnell aus dieser Lage befreit werden und bewegte sich danach wieder aus eigener Kraft weiter. Bei Tiefen von 70 – 80 cm im Sumpf blieb das Fahrzeug öfters stecken, konnte dennoch mit Hilfe der Besatzung (auch der Fahrer musste aussteigen und schieben) sich weiter fortbewegen. Das hatte der Prototyp der großen Bodenfreiheit, dem ebenen (Ohne nach unten hervorstehende Aggregate) Unterboden der Karosserie und dem geringen Druck der Räder auf den Untergrund zu verdanken. Die Räder des Prototyps schneideten sich nicht durch die Grasschicht, sie drückten sie nur etwas ein, das verhinderte das Einsinken des Fahrzeuges in den Morast. Aber beim Fahren im Unterholz musste die Besatzung stetig auf der Hut sein, um sich rechtzeitig vor Ästen und Zweigen zu büken, weil die Karosserie des Transporters bot keinerlei Schutz, sie hatte weder ein Dach, noch eine Frontscheibe. Aber auf Neuschnee änderte sich das Fahrverhalten des Transporters gegensätzlich. Bereits im 25 cm tiefen Schnee, der für die anderen Geländewagen kein Hindernis darstellte, bewegte sich der Prototyp unsicher, die Räder drehten oft durch und manche Abschnitte schaffte er aus eigener Kraft erst im zweiten Anlauf.

 

Wegen ungenügender Traktion der Reifen kommt der Transporter sehr mühsam durch den 25 cm tiefen Neuschnee. Dabei kommen mit dem Schnee nur die Fahrwerklenker, unter dem Fahrzeugboden ist noch genügend Freiraum.

 

Nach dem Erreichen eines Abschnittes mit 30 cm tiefen Schnee, konnte sich der Transporter nicht mehr weiter bewegen, weder nach vorne, noch nach hinten.

 

Der Transporter unterwegs im Unterholz. Ohne Verdeck und Frontscheibe müssen der Fahrer und die Beifahrer sich ständig vor den herunter hängenden Ästen beugen.

 

Hier brauchte das Fahrzeug permanente Hilfe der Besatzung, was zu schneller Ermüdung des Fahrers und der Beifahrer führte, und somit auch das Vorankommen des Fahrzeuges in Ganzem beeinflusste. De Grund dafür war, dass die Reifen des Prototyps bei diesem Untergrund nicht genug Traktion hatten, und schnell durchdrehten. Dabei stellte sich heraus, dass 30 cm tiefer Schnee ein unüberwindbares Hindernis für das Fahrzeug war, obwohl es dabei nicht mal auf dem Karosserieboden aufsetzte. Somit fuhr der Prototyp den Vergleichsfahrzeugen auf dem Sumpf ohne Mühe davon, konnte ihnen im Schnee aber nicht das Wasser reichen. Dieses Problem könnte durch Verwendung anderer Reifen, mit besseren Haftungseigenschaften im Schnee (Z.B. mit breiteren und gröberen Stollen) gelöst werden, aber die sowjetische Reifenindustrie hatte zu diesem Zeitpunkt keine passende Reifen im Programm.

Im Laufe des Testprogramms auf den winterlichen verschneiten Straßen, konnte der Transporter wegen seinem schwachen Motor nicht mit den anderen Fahrzeugen mithalten, seine Leistung reichte nur für das Hochdrehen im dritten Gang, im vierten Gang „verhungerte“ er einfach. Bei Spurrinnen neigte der Prototyp dazu noch zum Pendeln, man musste ständig nachlenken, um ihn einigermaßen in der gewünschten Fahrtrichtung zu halten. Bei tieferen Spurrinnen, bis 20 – 25 cm, verringerte sich die Geschwindigkeit des Prototyps so stark, dass man bis in de zweiten Gang zurückschalten musste. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass der Prototyp während der Testfahrten einen unermesslichen Kraftstoffverbrauch an den Tag legte: der Willys MB, deren Hubraum drei Mal so groß war, benötigte bei den gleichen Verhältnissen nur 4 Liter mehr auf 100 km. Auch auf befestigter Straße war der Durst beim Prototypen vie zu hoch für seine Klasse (der war fast gleich mit dem doppelt so starkem Allrad-Moskwitsch), was durch häufiges herunterschalten in niedrige Gänge verursacht war. Auch bei Fahrten über unebene Wiesen gab es Probleme. Der Prototyp hatte zwar Einzelradaufhängung, die sich gut an die Unebenheiten anpassen müsste, sie wurde aber mit zu starken Drehstabfedern ausgestattet, was die Federwege der einzelnen Räder zu stark verringerte. Deshalb hängten bei Fahrten über unebenes Gelände die diagonal gegenüber liegende Räder ziemlich oft in der Luft. Mangels Differentialsperren in den Achsen, mussten solche Abschnitte immer mit Anlauf passiert werden, dass kein gleichmäßiges Fahren zugelassen hat und zu regelrechtem Hüpfen des Fahrzeuges führte. So hatte der Fehler der Entwickler bei der Berechnung der Stärke der Drehstabfedern die Vorteile der Einzelradaufhängung zunichte gemacht. Etwas verbessert wurde die Lage nach dem Abdrehen der Federdrehstäbe während der Testfahrten auf einen kleineren Durchmesser. Aber das Experimentieren mit der Härte der Federung des Fahrzeuges dauerte noch ein paar Jahren, bis man einen optimalen Wert erreicht hat.

 

Mehr als mittelmäßig zeigte sich der Prototyp auch im „Bergsteigen“ weil er wegen der schlechten Haftung der Reifen nicht mehr als auf einen Hang mit 26° schaffte. Mit Anlauf konnte er wegen des schwachen Motors auch nicht mehr schaffen. Somit wurden die besten geometrischen Eigenschaften unter den sowjetischen Geländewagen durch einen leistungsschwachen Motor und Reifen mit schlechten Eigenschaften fast nutzlos gemacht. Die Reifen haben den Testern bereits während der Fahrten auf unbefestigten Landwegen mit tiefen Spurrinnen und bei niedrigen Außentemperaturen auch viel Nerven gekostet. Dabei nicht wegen der „Rutschfreudigkeit“, sondern, weil die schlauchlose Reifen bei Seitenschlägen an die Straßenunebenheiten ständig vom Felgenrand gedrückt wurden (sieben Mal auf 265 km!). Der Grund war die Steife der Reifen bei Kälte. Um den Reifen danach aufzupumpen brauchte man einen Kompressor, der in der Ausstattung des Fahrzeuges nicht vorgesehen war. Deshalb wurde im Abschlussbericht eindeutig empfohlen auf Reifen mit Schläuchen und mit gröberem Profil umzusteigen.

 

Die Schwimmersuche mit dem Transporter verdienen eine ausführlichere Beschreibung.

Weil das Fahrzeug von den Entwicklern als Amphibie konzipiert war, die sich auf dem Wasser angetrieben durch rotierende Räder, mit einer Geschwindigkeit bis zu 3 km/h bewegen kann, wurde im Testprogramm eine Überquerung eines Flusses mit ruhigem Lauf vorgesehen. Der erste Versuch in das Wasser zu fahren, wurde mit voller Beladung (Fahrer, zwei Passagiere seitlich vom Fahrer und 50 kg Ballast im Heck) des Transporters vorgenommen. Aber bei solcher Beladung hatte das Fahrzeug eine ungünstige Trimmlage, die Nase lag tiefer im Wasser als das Heck, das Wasser schwappte über die Vorderwand der Karosserie und der Prototyp ging unter. Beim zweiten Versuch fuhr man rückwärts ins Wasser, dabei wurden die Passagiere in den hinteren Teil des Fahrzeuges gesetzt. Aber sogar nach dem erfolgreichen Einfahren in das Wasser, war das Fahrzeug wegen zu großem Tiefgang (650 mm) und zu geringer Bordhöhe über Wasser, besonders im vorderen Teil (100 mm), nicht fähig den Fluss zu überqueren. Wenn der Transporter sich im Stand gerade noch über Wasser halten konnte, so hätte die erste Welle, z. B. von einem vorbeifahrenden Motorboot, in sofort auf den Flussgrund befördert. Auch die maximalen Einfahrtwinkel in das Wasser betrugen nur  5  - 7 Grad. Das alles bedeutete, dass das Fahrzeug nicht taugt um wirkliche Wasserhindernisse zu überqueren. Dazu war auch noch die Karosserie alles andere als dicht, durch die minderwertige Schweißnähe drang reichlich Wasser in das Innere ein. Deshalb hatte die Prüfungskommission beschlossen die Schwimmversuche abzubrechen und sie erst nach gründlicher Überarbeitung des Transporters fortsetzen. Was den Fahrerplatz betrifft, wurde der Geländewagen aus Irbit wegen der zu großen Entfernung des Fahrers zum Schalthebel des Getriebes, des Zündschalters, der Knöpfen für die Hupe und Anlasser kritisiert. Außer dem störte das Steuern des Fahrzeuges das übermäßige Spiel in der Lenkung, das zum Ende der Testreihe 75° betrug. Dazu muss man noch bemerken, dass die Besatzung keinerlei Schutz vor Unwetter, Schmutz und Staub hatte. Im Winter drohten dem Fahrer ohne spezielle Kleidung sogar Erfrierungen.

 

Wegen zu kurzen Wegen der Federung blieben die Räder diagonal sehr schnell in der Luft hängen.

Da im Antrieb des Transporters keine Differentialsperren vorgesehen waren, konnte er solche Hindernisse nur mit Schwung überwinden.

 

Nach den Testergebnissen betrug der Steigungswinkel des beladenen Transporters 26 Grad.

 

Um den Transporter auf dem Wasser zu stabilisieren, mussten die Beifahrer ihre Sitze verlassen und sich weiter nach hinten setzen.

 

Hier sieht man die geringe Höhe des Bugs bei Fahrt auf dem Wasser.

 

Wie bereits erwähnt, hielt die Zuverlässigkeit des Prototypen keiner Kritik stand. Dazu waren Reparaturarbeiten und sogar einige Wartungsarbeiten wegen der konstruktiven Besonderheiten des Fahrzeuges oft schwieriger durchzuführen, als es ursprünglich gedacht war. Besonders bemängelt wurde der erschwerte Zugang zu der Verschraubung des Hinterachsgetriebes und dem Zündverteiler (um den Verteilerdeckel abnehmen zu können, musste der Ansaugkrümmer demontiert werden). Der Geber der Öltemperaturanzeige war sehr ungünstig platziert (Er konnte nur bei ausgebautem Motor ausgetauscht werden). Die Konstruktion der Federdrehstäbe war nicht richtig durchdacht (um sie auszubauen, musste der entsprechende Fahrwerklenker samt dem Rad komplett demontiert werden, dabei hatte man noch die Bremsleitungen öffnen müssen).

 

Bereits am Anfang der Testfahrten stellte sich heraus, dass der Ölzentrifugendeckel undicht war, das führte zum Verölen des Zündverteilers. De Grund für diesen Defekt war ein Konstruktionsfehler. Um ihn zu beseitigen musste ein stärkerer Bügel und Dichtung eingebaut werden. Noch einen Weg in das Innere des Zündverteilers fand das Öl durch die unzuverlässige Wellendichtung seines Antriebes. Noch ein Konstruktionsfehler war ein zu kleines Volumen des Ölbehälters im Kurbelgehäuse, das führte zu ständigem Ölverlust durch die Kurbelgehäuseentlüftung. Weil dieses Problem nicht einfach in kurzer Zeit zu lösen war, hatte man dabei einfach die Augen zugedrückt. Während der Testfahrten stellte sich heraus, dass die Radbremsen schlecht gegen das Eindringen von Schmutz abgedichtet waren, im inneren der Bremstrommeln sammelte sich ständig Dreck an. Auch die Bremshydraulik zeigte sich nicht gerade von der besten Seite, die Verschraubungen leckten ständig. So wurden die Bremsbeläge immer wieder mit Bremsflüssigkeit verschmiert, was die Wirkung der Bremsen beeinträchtigte. Noch ein Schwachpunkt waren die schwachen Radbolzen, in nur 1900 km wurden fünf davon abgerissen. Die ersten Fahrten im Gelände zeigten, dass der Karosserieboden im vorderen Bereich zu schwach war. Beim Bodenkontakt wurde der Boden eingedrückt und ist gerissen, danach war die Karosserie nicht mehr wasserdicht.

 

Nachstehend sind die Defekte chronologisch aufgelistet, die während der Probefahrten auf dem Testgelände aufgetreten sind (Die Kilometerleistung wurde vom Tacho des Prototypen abgelesen).

2444 km – Linker Achsschenkel abgebrochen, was den Wagen in den Graben befördert hatte. Die Ursache: zu schwache Ösen. Das Teil wurde durch ein verstärktes ersetzt. Beim Abschleppen des defekten Wagens mit einem GAZ-69, wurden an der Karosserie des Transporters zwei Handgriffe, an denen das Abschleppseil befestigt war, abgerissen.

2447 km – Befestigungsstift des Zahnrades (Zahnstangenlenkung) im Lenkgetriebe abgeschert. Dieser Defekt hat sich noch mehrere Male wiederholt. Letztendlich mussten auch die wegen der vielen Reparaturen verschlissenen Befestigungsschrauben des Lenkgetriebes ausgetauscht werden.

2449 km – Batterie Haltebänder abgerissen.

2479 km – Rückenlehnenhalterung des Fahrersitzes abgebrochen. Defekt durch Anschweißen behoben.

2485 km – Ausfall der Benzinpumpe wegen zu großem Längenspiel des Exzenters auf der Antriebswelle. Defekt wurde durch einen neuen Sicherungsring behoben. Gleichzeitig musste auch der Keilriemen durch einen neuen ersetzt werden, weil er nicht mehr gespannt werden konnte (Fehlkonstruktion der Spannvorrichtung).

2607 km – Bruch der vorderen linken Radantriebswelle. Die Ursache war nicht eingehaltene Materialvorgabe, es wurde eine andere Stahlsorte, als in den MZMA („Moskwitsch“ Werk in Moskau) Zeichnungen vorgesehen war. Gleichzeitig wurde, sogar visuell, festgestellt, dass die Vorspur und Sturz der Vorderräder nicht mehr stimmte. Schuld daran waren verbogene Fahrwerkslenker, die gerichtet, verstärkt und wieder eingebaut wurden. Die gebrochene Antriebswelle wurde durch eine neue ersetzt. Die Begutachtung des Restes der Vorderachse zeigte, dass die Kreuzgelenke der Radantriebswellen mangels Schmierung völlig ausgeschlagen waren (Die Kreuzgelenke mussten mit Schmiernippeln ausgestattet werden).

2786 km – Erneuter Keilriemenwechsel, weil man den vorherigen nicht weiter spannen konnte.

2854 km -  Auslassventil am linken Zylinder abgerissen. Das war der größte Schaden während des gesamten Testlaufes. Die vermutliche Ursache waren thermische Probleme, weil der linke Zylinder ungenügend gekühlt wurde. Als Folge des Defektes, waren auch der Zylinderkopf und der Kolben schwer beschädigt. Beim Zerlegen des Motors wurde dazu noch festgestellt, dass an beiden Kolben die Hemden unterhalb der unteren Ölabstreifringen abgerissen waren. An den Kurbelwellenbacken hatte man auch Spuren vom Kontakt mit den Kolbenhemden entdeckt. Nach der Reparatur hat der Motor einen neuen Zylinderkopf und neue (ohne unteren Ölabstreifring) Kolben bekommen.

3347 km – Verbindung der Zugstange für die Zuschaltung der Hinterasche mit der Schaltgabel gelöst. Ursache: nicht durchdachte Konstruktion. Rechte Befestigungsschraube des Hinterachsgetriebes abgerissen, Haltebügel des Selben gerissen. Vorbeugendes Nachziehen dieser Verschraubung war nicht möglich, weil der Bereich schwer zugänglich war.

3380 km – Gewinde für die Andrehklaue auf der Kurbelwelle defekt. Die Ursache war wieder ein Konstruktionsfehler, weil das Gewinde durch die Verzahnung auf der Welle geschwächt war. Um den Test fortsetzen zu können wurde die Andrehklaue vorerst einfach mit der Welle verschweißt.

3389 km – Schaden an der Schaltgetriebehauptwelle. Die Ursache war nicht eingehaltene Herstellungsvorschrift. Weil die Welle nicht gehärtet war wurde sie unter Last einfach verdreht. Wegen der verdrehten Welle löste sich die Mutter auf der Welle, das Lager der Welle rutschte aus seinem Sitz, dadurch wurden die Synchronisatoren vom 3 und 4 Gang beschädigt. Wegen dem Allem, funktionierten die erwähnten Gänge nicht mehr, und das Getriebe musste komplett durch ein neues ersetzt werden.

3589 km – Zum zweiten Mal Bruch der vorderen linken Radantriebswelle.

3917 km – Bruch des rechten vorderen Achsschenkels. Das Teil wurde auch durch ein modernisiertes mit verstärkten Ösen ersetzt.


Beschädigungen durch den abgerissenen Auslassventilteller am linken Zylinderkopf und Kolben.


Verdrehte Hauptwelle des Schaltgetriebes nach 3389 km.

 

Somit hatte sich der Transporter nach den erfassten 1900 km Laufleistung sehr unzuverlässig gezeigt, ernste Defekte kamen praktisch bei jeder Fahrt vor. Dabei wurde die allgemeine Zusammenstellung des Transporters durchaus positiv bewertet und für die geplanten Einsatzziele für gut befunden. Bemängelt wurde dabei, dass die Besatzung des Transporters keinerlei Schutz von der Witterung, tief hängenden Ästen u. s. w. hatte, das zur schnellen Ermüdung der Letzteren führte. Das konnte wiederum zur Vereitlung an die Besatzung gestellten Kampfaufgaben u. s. w. führen. Zum Schutz der Verwundeten während der Fahrt konnte man die Seitenwände des Transporters durch die senkrecht aufgestellten Hilfsrampen erhöhen. Das erschwerte aber dem Fahrer den schnellen Ein- und Ausstieg. Um die Schwimmfähigkeit zu verbessern, wurde den Entwicklern dringend empfohlen, die vordere Karosseriekante etwas erhöhen und sich mit dem Gewicht des Transporters etwas zu beschäftigen, das war eindeutig zu hoch (das Eigengewicht betrug 731 kg). Das „Abnehmen“ sollte durch Verwendung modernerer Werkstoffe (Leichtmetall, Plastik) und Überarbeitung der Karosseriekasse, es sollten die zahlreiche Verstärkungen und Halterungen geändert werden. Solche Arbeiten wurden bereits bei der Entwicklung, auf den gleichen Aggregaten basierenden zivilen Pedanten des Transporters, dem Kleinstgeländewagen NAMI-049 „Ogonjok“ (Feuerchen) durchgeführt, bei dem viele Karosserieteile aus GFK hergestellt waren.

Der leistungsgesteigerte Motorradmotor, wurde für den Transporter aus mehreren Gründen für völlig ungeeignet befunden: zu geringe Leistung und Drehmoment, schlechte Kühlung des linken Zylinders im geschlossenen Motorraum, Konstruktionsfehler im Schmiersystem. Diese Probleme waren im Transporter sehr akut, weil der Motor bei völlig anderen Bedingungen arbeiten musste, als in einem Motorrad. Wegen unzureichendem Drehmoment musste der Fahrer des Transporters zu oft die unteren Gänge im Getriebe benutzen und die Motordrehzahl ständig hoch halten. Daherkamen auch der hohe Kraftstoffverbrauch, die Überhitzung und ständige Defekte. Gemäß den Einsatzbedingungen bräuchte der Transporter eindeutig einen Motor mit einer Leistung von mindest 30 PS.

Die verwendete Zweischeibenkupplung des Motorrades M-72 wurde auch für ungeeignet befunden, der Transporter brauchte eine Einscheibenkupplung mit einem Schwingungsdämpfer, was die Konstruktion vereinfachen, und gleichzeitig leichter machen würde. Ähnliche Kritiken bekam auch das Schaltgetriebe, das für zu kompliziert, untechnologisch und unzuverlässig vor allem im ersten Gang, befunden wurde. Besonders unbequem war auch das von den Konstrukteuren verwendete Schaltschema (In den gleichen Schaltgassen befanden sich der erste und der Rückwärtsgang, der zweite und der Geländegang, der dritte und vierte Gang). Das Resümee des Militärs, das Getriebe muss vereinfacht und leichter werden.

Die Hauptprobleme bei der Lenkung waren die schlechte Verarbeitung und niedrige Verschleißfestigkeit einiger wichtigen Teile (zweier Kegelradsätze und der Zahnstange), das alles zusammen zu  unzulässigem Spiel führte. Das nächste Problem war, dass man die Lenkradwelle samt dem Umlenkgetriebe von der senkrechten Welle abmontieren musste, um an den Motor ran zu kommen. Ein paar Mal hatten die Fahrer nach den Feldreparaturen am Motor vergessen sämtliche Lenkungsteile wieder zusammenzustecken, das führte dazu, dass der Transporter nicht mehr lenkbar war. Zum Glück kam es beide Male zu keinen Unfällen, aber die Militärs haben diese Lenkungskonstruktion abgelehnt. Gunsten der Abdichtung der Karosserie

Des Weiteren wurde zu Gunsten der Abdichtung der Karosserie empfohlen die Hauptscheinwerfer überhaupt weg zu lassen, und sich nur auf einem Suchscheinwerfer beschränken.

 

 


Mit bloßem Aue sichtbare Veränderung der Vorspur und des Sturzes der Vorderräder nach 2607km Fahrleistung.

 

Riss der Schweißnaht an der Bergungsvorrichtung nach dem Abschleppen des Transporters aus dem Straßegraben.


Der Transporter mit senkrecht aufgestellten Hilfsrampen zu Erhöhung der Seitenwände für den Transport von Verwundeten.

 

Schlusswort

Für die Beseitigung aller „angeborenen“ Mängeln und sonstigen Fehlern die in der Konstruktion des „Nullneunundreisigers“ aufgetreten sind, brauchten die NAMI Ingeneure mehr als zwei Jahre.

In Folge dieser Arbeit entstanden 1961 zwei modernisierte Prototypen des Transporters: NAMI-032M und NAMI-032S. Bei praktisch gleichen Außenabmessungen war die Karosserie des Modells 032M ganz aus Metall, die Karosserie des Modells 032S dagegen hatte Außenpaneele aus GFK. Aber bei den Testfahrten fiel das Konzept des GFK Transporters durch, seine Festigkeit war ungenügend für so ein Fahrzeug. Bemerkenswert war, dass die Konstrukteure zu diesem Zeitpunkt trotz der Kritik der Spezialisten vom Militär, immer noch nicht auf die zusammengesteckte Lenksäule, die zwei Hauptscheinwerfer in dem Frontblech der Karosserie und den Motorradmotor verzichteten. Aber bereits 1962 wurden alle diese Anmerkungen des Militärs von den Konstrukteuren des Automobilwerkes in Saporoshje bei der Entwicklung ihres Transporters ZAZ-967, der eine Weiterentwicklung der Prototypen der „Nullzweundreisiger“ Serie war und später in Luzk in Serie ging, berücksichtigt.

 

Technische Daten des Prototyps NAMI-032 von 1958

Antriebsformel

4x4

Anzahl der Sitzplätze

3 (Beifahrersitze klappar)

Rahmen

Geschweißt, mit Kastenprofilträger

Karosserie

Offen, geschweißt, wasserdicht, ohne Türen, mit Heckklappe

Ausstattung

Seilwinde mit 100 m Seil, zur Bergung von Verwundeten; Hilfsrampen zum Überwinden von Schanzengräben bis 1,3 m Breite oder zur Erhöhung der Seitenwände beim Transport von Verwundeten

Motor

MD-65: Vergaser, Viertakt, 2-Zylinder, luftgekühlt, mit hängenden Ventilen

Hubraum, Ltr.

0,746

Bohrung, Hub, mm

78x78

Verdichtung

6,2

Max. Leistung, PS

21

Max. Drehmoment, kpm

4,75

Vergaser

K-102

Elektrik, V

12 (mit Plus auf Masse)

Batterie

6ST54 (12V 54AH)

Kupplung

Zweischeibenkupplung, trocken

Schaltgetriebe

Handschaltung, 5-Gang (4 Fahrstufen und ein Kriech- Geländegang)

Übersetzungen

I - 3,68; II - 2,29; III - 1,89; IV - 1,07; V - 16,0; R - 4,63

Vorderachse

Typ

Ständig angetrieben

Achsgetriebe

Spiralkegelradverzahnung, das Kegelrad ist als ein Teil mit der Hauptgetriebewelle ausgeführt, Übersetzung 4,62

Differential

Kegelradausgleichsgetriebe mit zwei Umlaufrädern, zusammen mit dem Achsgetriebe im vorderen Teil des Schaltgetriebes untergebracht

Radantriebswellen

Offen, mit Kreuzgelenken

Radvorgelege

Mit geradeverzahnten Stirnrädern, Übersetzung 1,388

Hinterachse

Typ

Zuschaltbar

 

Spiralkegelradverzahnung, mit Zuschaltmechanismus,  Übersetzung 4,62

Differential

Kegelradausgleichsgetriebe mit zwei Umlaufrädern, zusammen mit dem Achsgetriebe in einem separaten Gehäuse, an der Karosserie befestigt untergebracht

Radantriebswellen

Offen, mit Kreuzgelenken

Radvorgelege

Mit geradeverzahnten Stirnrädern, Übersetzung 1,388

Antriebswelle zur Hinterachse

Offen, mit Hardyscheibe und Kreuzgelenk

Gesamtübersetzung des Antriebstranges

102,6

Radaufhängung

Unabhängig, drehstabgefedert  mit Teleskopstoßdämpfern

Lenkung

Zahnstangenlenkung mit umklappbarer Lenksäule, Übersetzung 20,0

Betriebsbremse

Hydrauliktrommelbremsen an allen Rädern

Feststellbremse

Trommelbremse auf der Hinterachsantriebswelle

Reifengröße

5,16-13 (Schlauchlos)

Reifendruck, kg/cm²

1,7

Raddruck auf die Straße (vorne/hinten), kg/cm²

1,77/1,79

Leermasse/Gesamtmasse, kg

731/1006

Fahrzeugabmessungen

3270x1675x763

Radstand, mm

1790

Spur, mm

1306/1306

Bodenfreiheit unter der Motorölwanne, mm

262

Bodenfreiheit unter dem Karosserieboden an der Hinterachse, mm

317

Bodenfreiheit unter dem Lenkgetriebe, mm

311

Wendehalbkreis, m

6,5

Böschungswinkel vorne/hinten, Grad

43/39

Rampenwinkel, (Halbkreis) m

1,2

 

Fotos aus dem Archiv der Forschungsanstalt Nr. 21 des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation.



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